"Der Tagesspiegel", 31.01.2017, Seite 14, Der Bischof regt sich auf, Artikel von Maris Hubschmid
Wie lenkt man am einfachsten von eigenen Unzulänglichkeiten ab? Erzbischof Koch scheint es zu wissen und greift anlässlich der Grünen Woche in Berlin kurzerhand den Bauernstand an. Mit hoch erhobenem moralischem Zeigefinger wendet sich der Geistliche gegen die Landwirte, die auch für seine Ernährung sorgen.
Kochs Belehrung nennt der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands eine "Brandrede":
"Ihr Radiowort ist von mehrfach widerlegten Vorwürfen, in der gewählten pauschalen Form unrichtigen Behauptungen und von Verurteilungen der Landwirtschaft und der Bauernfamilien geprägt." Kochs Äußerungen erinnerten " an die alternativen Fakten, von denen in diesen Tagen viel die Rede ist."
Im Grunde seines Herzens ist und bleibt der Rheinländer ein Karnevalist, egal welches Amt er im Moment bekleidet.
Wer nicht gerade Ernsthaftes oder Geistvolles erwartet, dem wird dieser Bischof immer wieder mit Skurrilem und Kuriosem auffallen.
Ob er, was er weiß, monatelang geheimhält, so kindisch, wie einst Hannelore Kraft, ob er im Osterbrief die Frauen seiner Diözese mit Missachtung brüskiert oder in seinem Hirtenwort zum Abriss der Innengestaltung der Kathedrale mit "alternativen Fakten" jongliert – mittlerweile überraschen die Äußerungen von Erzbischof Koch nicht mehr. Doch für die Bauern war es wohl neu. Sie nahmen sicher an, dass die Worte eines Erzbischofs immer ernst gemeint wären.
Erzbischof Koch redete über das, was ihn derzeit bewegt. Wer männliche Küken unmenschlich behandelt, ist unmoralisch und schreckt auch vor weiteren Rücksichtslosigkeiten nicht zurück.