Verein der Freunde der Hedwigskathedrale e.V.

Bericht des Vorsitzenden Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Meyer zu 2019


Bei der ordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins „Freunde der Hedwigs-Kathedrale e.V.“

(Neujahrsempfang 2020 am 31.01.2020) beschrieb der Vorsitzende Prof. Dr. Meyer in seinem Grußwort die Aktivitäten des Vereins im abgelaufenen Jahr 2019.

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Bericht des Vorsitzenden des Vereins Freunde der Hedwigskathedrale e.V. über die Aktivitäten des Vereins im Jahr 2019
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Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Meyer

Vorsitzender des Vereins Freunde der Hedwigskathedrale e.V.

 

Grußwort bei der Mitgliederversammlung am 31. Januar 2020

  

Das hinter uns liegende Jahr 2019 war für uns ein Jahr der Hoffnungen und der Enttäuschungen.

Zugleich war es für uns das erste Jahr gemeinsamen Bemühens um die Rettung des Innenraums von St. Hedwig.

Das will ich jetzt nicht im Einzelnen nachzeichnen.

Hervorheben will ich jedoch unseren Friedensgottesdienst vor der St. Hedwigs Kathedrale und die erheblichen Anstrengungen, mit denen dieser vorbereitet wurde.

Wir können annehmen, dass durch die vielen Schreiben an Gemeindegremien und auch durch unsere Antworten auf negative Reaktionen ein größerer Kreis von Personen über unser  Anliegen, ja, über das beabsichtigte Bauvorhaben überhaupt informiert worden sind. Denn ich bin immer wieder erstaunt zu erleben, wie wenig so mancher davon weiß.

Wahr bleibt leider dennoch, dass wir uns eine stärkere öffentliche Wirkung erhofft hatten. Als Ereignis gesehen war unser Gottesdienst jedoch durchdacht und gelungen.

Danach durchlebten wir ein Wechselbad von Erwartungen und Enttäuschungen. Zunächst richteten sich unsere Hoffnungen auf die Klagen von Nachkommen betroffener Künstler und Künstlerinnen beim Landgericht Berlin, für deren Behandlung im Oktober ein Termin angesetzt war.

Dann mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Verhandlung wegen einer Erkrankung der als Berichterstatterin tätigen Richterin sowie mit Rücksicht auf deren bald zu erwartende Niederkunft der Verhandlungstermin auf den März dieses Jahres verschoben wurde.

Es lag nahe, dass viele von uns die Sorge hatten, der kirchliche Bauherr würde gleichwohl mit der Bauvorbereitung vorangehen, obwohl nach unserer Kenntnis beim zuständigen Bezirksamt Mitte von Berlin noch kein Bauplan zur Genehmigung eingereicht worden war.

Beobachtungen in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kathedrale und Berichte über deren inneren Zustand verstärkten die Sorge, dass dennoch mit den Vorbereitungen für den Radikalumbau begonnen würde. Wir erhielten ja auch entsprechende Hinweise und konnten selbst Beobachtungen machen, die das befürchten ließen..

Doch dann bot sich die Möglichkeit unmittelbarer und eigener Feststellung in der Kathedrale durch Herrn Kohl: Der uns bekannte Innenraum war zerstört worden.

Auch wenn wir uns in der Beurteilung dessen, was jetzt geschehen müsse, nicht einig waren, war es nach meiner Auffassung richtig, mit einer Pressekonferenz in die Öffentlichkeit zu gehen.

Mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gelang uns eine gut besuchte Pressekonferenz in deren Räumen, bei der prominente Persönlichkeiten wie der Staatsrechtler Prof. Ulrich Battis, der Kunsthistoriker Prof. Adrian v. Buttlar und der Denkmalpfleger Prof. Wolfgang Wolters mit unsere Position unterstützenden Erklärungen gegen die Zerstörung des Schwippertschen Werkes auftraten und dabei das von ihnen Gesagte vom früheren Berliner Landeskonservator Prof. Jörg Haspel und seinem Nachfolger Dr. Christoph Rauhut bekräftigt wurden. Als Erfolg werte ich auch den Fernsehbericht über diese Pressekonferenz in der Berliner Abendschau trotz der abwegigen Anmoderation durch Sascha Hingst. Ein Erfolg war nicht zuletzt, dass das Fernsehen in diesem Bericht schockierende Bilder vom derzeitigen Zustand des Innenraums von St. Hedwig zeigen konnte, ganz anders und viel schlimmer als das geglättete Bild in der Kirchenzeitung, auf das ich mit einem kritischen Leserbrief an den „Tag des Herrn“ reagiert hatte.

Gleichwohl wollen wir uns keinen Illusionen hingeben: In Bezug auf die Haltung zum radikalen Umbau des Innenraums von St. Hedwig ist das Berliner Bistum gespalten: Ich kenne nur wenige aus dem Osten, die den Umbau unterstützen; dagegen kenne ich nicht wenige im Westen, die das Umbauprojekt unterstützen oder doch zumindest mit Verständnis begleiten. Hier rechne ich erst mit einem Umdenken, wenn sich der neue Kirchenraum und sein Altar in der Praxis bewähren müssen. Denn dies bleibt für mich ein großes Rätsel: Wie liturgisch erfahrene Personen die geplante bauliche Neufassung für den Gottesdienst als besser geeignet ansehen können als die Schwippertsche Fassung.

Wahr bleibt ferner, dass die übergroße Mehrheit der aktiven Katholiken im Ostteil des Bistums, jedenfalls diejenigen, welche die kirchenfeindliche Praxis in der DDR miterlebt haben, sich in einer vom Bischof als wesentlich betrachteten Angelegenheit nicht offen gegen dessen Entscheidung stellen werden, auch wenn sie diese nicht billigen. Ob sie jedoch den neuen Innenraum der Kathedrale innerlich annehmen werden, das scheint mir eine ganz andere Frage. Haben wir den langen Atem auf solche Entwicklungen zu setzen? Und sind wir entschlossen, immer wieder Menschen von unserer Position zu überzeugen?

Zunächst müssen wir auf die Entscheidung des Berliner Landgerichts warten, die im März dieses Jahres erfolgen soll. Nun hat sich das Hohe Gericht in seiner Wirklichkeitsferne selbst in eine Situation hineingebracht, in der es eigentlich durch keine Entscheidung eine gute Figur abgeben kann. Trotzdem gäbe es natürlich für uns günstige und für uns ungünstige Entscheidungen. Das bleibt abzuwarten.

Vor allem wird sich für uns die Frage stellen, was wir dann, d.h. also nach einer Gerichtsentscheidung unternehmen? Bemühen wir uns zum Beispiel dann, wenn die Kläger unterliegen,  um eine verfassungsrechtliche Klärung des Streits? Allein und ohne den Rat eines angesehenen Staatsrechtlers sollten wir diese Frage nicht beantworten, so meine ich jedenfalls. aber prüfen und erwägen sollten wir diese Möglichkeit durchaus.

Nun liegt es offenbar im Wesen eines Vereins wie des unseren, der aus in der Sache engagierten Menschen besteht, dass er intern zum heftigen Streit neigt und einen solchen auch nicht durch Mehrheitsentscheidungen beendet. Darin sind wir, wie mir scheint, auch kein Einzelfall. Es wäre jedoch gut, wenn wir dann, also nach der Entscheidungsfindung des Landgerichts Berlin, in der rechtlichen Beurteilung der Lage zu einem Höchstmaß an Übereinstimmung kämen. Denn bei hohem Einsatz sollte man von seinem Standpunkt überzeugt sein und einmütig dafür eintreten.

Noch gilt es abzuwarten und für unsere Sache bei unseren Mitmenschen weiter zu streiten und zu werben. In diesem Sinne hoffe ich für heute Abend auf ein gutes und friedliches Gespräch.