Klagen gegen das Erzbistum Berlin und das Bezirksamt Mitte sind eingereicht worden
Mit bereits eingereichte Klagen vor dem Landgericht und dem Verwaltungsgericht wird von Nachfahren des Architekten Hans Schwippert (1899 bis 1973) und der am Bau beteiligten Künstler gegen den geplanten Radikalumbau der Hedwigskathedrale vorgegangen.
Der Streit um die Neugestaltung der St.-Hedwigs-Kathedrale in Mitte geht auch nach dem offiziellen Beginn der Arbeiten weiter. Nachfahren des Architekten Hans Schwippert (1899 bis1973) und der am Bau beteiligten Künstler haben Klagen vor dem Landgericht und dem Verwaltungsgericht eingereicht. Das sagte ein Vertreter der Kläger, der Anwalt Lothar C. Poll, am Mittwoch.
Durch die geplante Schließung des Zugangs zur Unterkirche werde das Urheberrecht von Architekt und Künstlern verletzt, argumentieren die Kläger. Mit der Neugestaltung soll der Altar in die Mitte rücken. Auch Fenster sollen ersetzt und Dekoration verändert werden. Die Kosten für die Renovierung der Kirche und des Lichtenberg-Hauses werden auf 60 Millionen Euro beziffert.
Notfalls mit einer einstweiligen Verfügung stoppen
Die Urheberrechtsklage richtet sich gegen das Erzbistum Berlin. Aber auch gegen das Bezirksamt Mitte wird geklagt. Als Untere Denkmalschutzbehörde hatte sie auf Weisung von Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gegen Bedenken des Landesdenkmalamtes die Umbaupläne genehmigt. Lederer hatte argumentiert, die Kirche führe liturgische Gründe für den Umbau an, da müsse sich der Staat zurückhalten.
Das Erzbistum hatte angekündigt, dass der Umbau am 1. September beginnen solle. Allerdings ist dort ab 27. September eine Ausstellung der Künstlerin Rebecca Horn geplant. Man wolle beobachten, wie das Erzbistum vorankomme und die Arbeiten notfalls mit einer einstweiligen Verfügung stoppen lassen, sagte Poll.
Die Sankt Hedwigs-Kathedrale in Berlin Foto: imago/epd
Bessere Klagemöglichkeiten auf zivilrechtlichem Wege
Die zuständigen Kammern beider Gerichte werden sich jetzt allerdings erst mal mit der Frage befassen, ob die Klagen überhaupt zulässig sind. Beim Verwaltungsgericht liegen zwei Klagen vor, die sich gegen die denkmalrechtliche Genehmigung richten. „Das Denkmalschutzrecht ist aber so gestaltet, dass nicht jeder klagen kann“, sagt Gerichtssprecher Stephan Groscurth.
So könne sich etwa ein Eigentümer gegen denkmalrechtliche Bestimmungen wenden, andere eher nicht. „Die Kammer wird das entscheiden, dann werden wir weitersehen“, sagt Groscurth. Anträge auf einstweilige Anordnung lägen bislang nicht vor. Sollte die Sache tatsächlich verhandelt werden, dann nicht mehr in diesem Jahr, sagt der Gerichtssprecher.
Auf zivilrechtlichem Wege vor dem Landgericht sind die Klagemöglichkeiten der Erben besser. Dort können sie versuchen, gegen den Umbau vorzugehen, weil sie sich in ihrem Urheberrecht beeinträchtigt sehen. Im Erzbistum lagen am Mittwoch allerdings noch keine Klagen vor.
Kunstinstallation aus 16 Skulpturen und Musik
Den Versuch der Kläger, auch die zeitweilige Nutzung der Kirche für eine Kunstinstallation zu verhindern, begegnet Bistumssprecher Stefan Förner mit Unverständnis: „Die Inneneinrichtung wird entfernt und die Öffnung zur Unterkirche provisorisch verschlossen. Es geschieht nichts Irreversibles. Es ist damit auch keine Profanisierung verbunden, wie uns vorgeworfen wurde. Es gab schon andere Kunstinstallationen in Kirchen“.
Die Arbeit „Glowing Core“ von Rebecca Horn war schon im Martin-Gropius-Bau zu sehen und besteht aus 16 horizontalen Skulpturen sowie Musik. Im Zentrum des Kirchenraums werden drei goldene Trichter unter der Kuppel der Kathedrale aufgehängt, die sich in einem sich bewegenden Spiegel wiederfinden, der auf dem Boden liegt. Auf diese Weise soll eine gefühlt 20 Meter tiefe Öffnung unter der Ebene des Fußbodens entstehen und das Kunstwerk in besonderer Weise mit der Architektur der Kathedrale korrespondieren. (mit dpa)
Mit einer Kunstinstallation wollen die Verantwortlichen des Erzbistums Berlin von ihrem geplanten Kunst- und Kulturfrevel ablenken und blamieren sich damit selbst.
Kommentar von Werner J. Kohl
Permanent werden die Begründungen geändert, warum das zentrale katholischen Gotteshaus in Berlin-Mitte von der Kirche selbst geschlossen wird. Erst schreibt der Erzbischof in seinem
200.000-Euro-Urlaubsgruß über die Kathedrale:
„es regnet rein“ und „aus Sicherheitgründen muss die Kathedrale ab dem 1. September 2018 geschlossen werden“.
Dass die Schließung der Kathedrale nicht wegen einer dringend notwendigen Dachinstandsetzung erfolgt, liegt auf der Hand. Von Dachschäden wird seit über drei Jahren immer wieder geschrieben und geredet, aber kein Dachklempner wurde zur Reparatur auf die Kuppel gesandt.
Die für den 27.09.2018 geplante öffentlich zugängliche Kunstausstellung in der Kathedrale beweist, das die Aussagen Erzbischof Kochs und seiner Untergebenen nicht der Wahrheit entsprechen:
Lässt sich die Öffentlichkeit verdummen?
Sollen die Besucher mit Regenschirm und Schutzhelm die Ausstellung besuchen oder werden alle Schäden dann schon behoben sein? Warum haben Verantwortliche dann aber nicht 2015 die Dachhaut ausgebessert, wenn diese Kleinigkeiten innerhalb von drei Wochen erledigt werden können?
Wieso sollte man den Wortführern des Erzbistums Berlin noch vertrauen?
Freudscher Versprecher
Mit der Auswahl des Kunstwerks gewähren die Verantwortlichen des Erzbistums Einblick in ihr widersprüchliches Verhältnis zu Kunst u. Kultur.
Ein "Loch" wird geschlossen, um "eine gefühlt
20 Meter tiefe Öffnung unter der Ebene des Fußbodens" zu imaginieren. Der Widersinn des Handelns der Leitung des Erzbistums Berlin wird dadurch als
Selbstkarikatur öffentlich vorgeführt.
Welcher Schelm hat zu dieser beschämenden Peinlichkeit geraten? Wahrscheinlich derselbe, der dem Erzbischof den banalen und nicht funktionierenden Umbauplan schöngeredet hat.