Offener Brief an deutsche Bischöfe vom 20.02.2018

an die zum Frühjahrstreffen in Ingolstadt versammelten Bischöfe


Bitte an die Vertreter aller deutschen Diözesen, die Mitfinanzierung der geplanten Teilabrisse und Umbauten der Hedwigskathedrale

und des Bernhard-Lichtenberg-Hauses in Berlin zu überdenken. Die Bischöfe mögen dazu beitragen, einen weiteren Bauskandal in Berlin zu verhindern mit dem obendrein ein weiteres deutsches Bistum in ein finanzielles Desaster geraten würde.  Die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Deutschland könnte ein weiteres Mal selbstverschuldet belastet werden.

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Offener Brief an die Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz vom 20.02.2018
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Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale

Initiative katholischer Christen
im Erzbistum Berlin

für eine respektvolle Sanierung der Kathedrale 

 

www.freunde-hedwigskathedrale.de

bewahren@online.de

freunde.s.hedwig@gmail.com



Mitfinanzierung der geplanten Teilabrisse und Umbauten der Hedwigskathedrale 

 

und des Bernhard-Lichtenberg-Hauses in Berlin

Offener Brief an die Deutsche Bischofskonferenz        20.02.2018

Sehr geehrte in Ingolstadt versammelte Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz, 

 

In großer Sorge um ein einmaliges Denkmal und die finanzielle Situation 

der katholischen Kirche in Deutschland wenden wir uns noch einmal an Sie und bitten, 

Ihre Zusage, den Teilabriss der Hedwigskathedrale und den Neubau des Innenraumes mitzufinanzieren, noch einmal eingehend zu prüfen.

 

Teilabriss, Umbau und Neubau sollen sowohl von allen deutschen Katholiken als auch

aus allgemeinen Steuergeldern finanziert werden. Die veranschlagten Kosten werden, 

wie bei anderen Bauvorhaben im unmittelbaren Umfeld der Kathedrale im Berliner Grundwasser zeigten, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht reichen.

Um auf die Parallelität der Risiken hinzuweisen, sind einige Beispiele aus der jüngsten Berliner Baugeschichte als Quellenhinweise beigefügt (s. Anhang).

 

Erzbischof Dr. Heiner Koch war bisher nicht bereit, bei der Planung des Umbaus der Hedwigskathedrale - die über innerkirchliche Diskussionen hinaus von Bedeutung ist -transparent vorzugehen und Einblicke in die Planung zu gewähren. Wir wissen jedoch, 

dass bislang keine geowissenschaftlichen Erkundungen im Bereich des historischen Denkmalbestands vorgenommen wurden (lt. schriftlicher Auskunft vom 12.01.2018 der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und  Klimaschutz - II B 31.)

 

 

Unzulänglichkeiten zeigen sich sowohl in der Kostenplanung als auch in der Entwurfsplanung der Verfasser des Siegerentwurfs. In den Kostenermittlungen sind keine Aufwendungen für Sicherungsmaßnahmen für den über 8 Meter tiefen, großflächigen Aushub in unmittelbarer Nähe der nur 4 Meter tief auf Holzpfählen gegründeten historischen Kathedrale berücksichtigt worden. Kostenerhöhungen im mehrstelligen Millionenbereich sind deshalb zu erwarten.

Statt einer differenzierten Planung von Sicherheitsmaßnahmen ist in der Entwurfsplanung vielmehr zu lesen: „Als Ergebnis der Untersuchung von Baugrund und Grundwasserstand zeigte sich, dass – bezogen auf die vorgeschlagene eingeschossige Unterkellerung der Platzfläche – weder zusätzliche Maßnahmen zur Gründung, noch ein erhöhter Aufwand zur Grundwasserhaltung gegenüber vergleichbaren Maßnahmen zu erwarten ist.“ (zitiert aus 

„St. Hedwig Berlin Entwurfsplanung Stand 08-2015, Sichau & Walter | Leo Zogmayer“)

 

 

 

 

Beim Umbau des Bernhard-Lichtenberg-Hauses, der mit 17 Mio. Euro veranschlagt ist, 

wird der Abriss des jüngsten Gebäudeteils mit der unhaltbaren Feststellung begründet, es handele sich um einen „DDR-Plattenbau“. Tatsächlich liegt hier eine optimal modifizierbare Stahlbetonskelettbauweise vor, die auch weitaus günstigere Varianten für einen Umbau ermöglicht. Besagte Stahlbetonskelettbauweise wurde zu DDR-Zeiten durch Finanzhilfe

des Erzbistums Köln überhaupt erst möglich.

 

Wir erlauben uns, Sie daran zu erinnern, dass die deutschen Bischöfe schon einmal 

die Insolvenz des Erzbistums Berlin durch eine großzügige Spende von 30 Millionen Euro abgewendet haben. Nun drohen weitere Millionen an Kirchenmitteln und Steuergeldern 

für Maßnahmen verwendet zu werden, deren Notwendigkeit von anerkannten Liturgiewissenschaftlern bezweifelt wird (vgl. den offenen Brief von Prof. Dr. von Buttlar und mehr als 100 weiteren Wissenschaftlern an den Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch vom 21. März 2016, zugänglich in der Sammlung von Dokumenten auf unserer Webseite, s. dazu https://www.freunde-hedwigskathedrale.de/kulturerbe-retten/fachwelt-fordert-erhalt/).

 

Bitte prüfen Sie die erzbischöflichen Pläne noch einmal gründlich im Hinblick auf deren gottesdienstliche Notwendigkeit, bevor Sie einer finanziellen Beteiligung Ihres Bistums stattgeben !  Die „vermeintliche“ Notwendigkeit wurde ja als Hauptgrund angegeben 

für die Genehmigung zur Aufhebung des Denkmalschutzes. Bitte unterziehen Sie 

auch die eingeplanten Sicherungsmaßnahmen einer genauen Analyse !

 

Es liegt in Ihrer Macht, einen weiteren Bauskandal in Berlin zu verhindern (vergl. Anhang), mit dem obendrein ein viertes deutsches Bistum in ein finanzielles Desaster geraten würde. Damit könnte die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche in Deutschland erneut belastet werden – und dies selbstverschuldet. 

 

Mit hochachtungsvollen Grüßen

 

Sigrid Philipps  und  Werner J. Kohl, Berlin,

mit der Initiative „Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale“

 

Anlage:

 

 

Kosten- und Terminüberschreitungen bei Bauvorhaben

Beispiele aus der jüngsten Berliner Baugeschichte mit Nachweis der Quellen

Akademie der Künste:

Für den im Jahr 2005 eröffneten Bau am Pariser Platz hatte der Senat 38,5 Mio. €, im Jahr 2017, 12 Jahr nach der Eröffnung, betrugen die Kosten bereits 76,8 Mio. € und noch ist kein Ende des Kostenanstiegs abzusehen. (Der Tagesspiegel, Längst eröffnet - aber die Kosten steigen und steigen, 12.05.2017).

 

Staatsoper Berlin:

Mit 100 Mio. € begann die Planung, stieg dann auf 160 Mio. und wurde bei einem Kostenanstand von 400 Mio. € noch unfertig eröffnet. 

(Der Tagesspiegel, Pleiten, Pech, und Posaunen, 03.10.2017)

Die Bauarbeiten verursachten außerdem Schäden an der Hedwigskathedrale.

James-Simon-Galerie, Museumsinsel Berlin:

„Inzwischen sind die Baukosten von 2006 schon sehr hoch angesetzten 73 Mio. € 

auf derzeit offiziell 134 Mio. € gestiegen. Keiner wagt, diese Summe zu garantieren …“. (berliner-zeitung.de/23876274 ©2018; 

James-Simon-Galerie ist die teuerste Garderobe der Geschichte)

Humboldt-Forum Berlin:

Bereits der Abriss des Palastes der Republik lag mit 119 Mio. € um 60 Mio. € über den geplanten Kosten. (Berliner Morgenpost, So teuer war der Palast der Republik wirklich, 17.01.2009). Von den zugesagten 105 Mio. € an Spendengeldern waren bis Oktober 2017 erst 43,3 Mio. eingegangen, der im Haushalt eingeplante Puffer von 14 Mio. € ist bereits zwei Jahre vor der geplanten Eröffnung aufgebraucht. (Berliner Morgenpost, Bericht über Stadtschloss: Spenden fehlen, Zeitplan wankt, 17.02.2018) 

Umbau Pergamonmuseum Berlin:

Das Unterlassen von Voruntersuchungen des Baugrunds hat zu einer Erhöhung der veranschlagten Kosten um 200 Mio. € geführt. „Es musste ein Kassensturz gemacht werden, nachdem wir ein historisches Pumpwerk vor dem Haupteingang entdeckt hatten“, sagte Petra Wesseler, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (Der Tagesspiegel, Pergamonmuseum wird erst 2023 fertig, 28.10.2016).

Kulturstaatssekretärin Grütters musste Konsequenzen ziehen. Der Präsident der Stiftung  Preußischer Kulturbesitz, Prof. Dr. Parzinger schrieb, dass man vom Bundesamt künftig „deutlich verbesserte Vorsorgeuntersuchungen“ erwarte.

Friedrichswerdersche Kirche Berlin:

 

 

 

 

Dass in Berlin keiner der Verantwortlichen aus dem Debakel beim Abriss des Palastes der Republik gelernt hatte, wurde einmal mehr an der Beschädigung dieser letzten Berliner Schinkel-Kirche, die noch den originalen Zustand zeigt, schmerzvoll deutlich. Sie ist aufgrund von Bauarbeiten auf Nachbargrundstücken seit 2012 geschlossen. „Was nun ein Gutachten erweist, erinnert an die technische Pannenserie beim Großflughafen Schönefeld. Die neuen Gebäude beschädigen die Statik der Kirche und hätten deshalb nie genehmigt werden dürfen. Wenn Berlin die größte deutsche Baubehörde besitzt, so ist es damit aktenkundig: Es ist zugleich eine der unfähigsten.“ (Die Welt, Wie die Berliner ihre schönste Kirche zerstören, 26.10.2015)