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14.02.2015   11:26 Uhr

GESTÄNDNIS

Rainer Maria Kardinal Woelki: Keine Kanzel-Predigt wegen Höhenangst

Von ROBERT BAUMANNS 

Bei der Predigt meidet Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki die Kanzel im Dom.  Foto: Robert Boecker
Bei der Predigt meidet Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki die Kanzel im Dom. Foto: Robert Boecker

KÖLN –  Er reist regelmäßig nach Rom – im Flugzeug. Er hat kein Problem, in 20 Metern Höhe den Laufgang im Dom zu meistern. Doch wenn er predigt, nutzt Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki (58) einen der beiden Ambos (Lesepulte) im Altarraum.

Die Kanzel betritt er nicht. „Ich leide unter Höhenangst“, antwortet der Erzbischof auf die Frage des EXPRESS.

Die Kanzel aus Eichenholz, 1544 erbaut, ist insgesamt 3,90 Meter hoch. Sechs Stufen führen hinauf, der Fußboden der Kanzel liegt genau 1,21 Meter über dem Boden des Altarraums, die Brüstung der Kanzel misst exakt 1,11 Meter – sie reicht Woelki noch nicht mal ans Becken.

Diese Maße machen dem Erzbischof das Leben schwer: „Ich habe es als Weihbischof probiert“, sagt er EXPRESS. „Aber wenn ich da oben stehe und mir bewusst mache, wo ich stehe, bekomme ich Herzrasen und habe Angst, vornüber zu kippen. Dann komme ich bei meiner Predigt ins Stocken. Und deshalb meide ich die Kanzel.“

Als Woelki Weihbischof in Köln war (2003 bis 2011) hat er einmal die Kanzel benutzt. „Mitbrüder haben bestätigt, dass Woelki total verkrampft war. Das ist wirklich ein großes Handicap“, sagt Dompropst Norbert Feldhoff (75).

Ein Handicap auch für das Domkapitel. „Die versuchen, mich zu drängen, auf die Kanzel zu gehen“, berichtet Woelki.

Nicht etwa, weil das die Würde des Erzbischofs betone, so Feldhoff. „Wir haben vollstes Verständnis für das Problem unseres Erzbischofs. Aber bei den Gottesdiensten, die Kardinal Woelki zelebriert, ist der Dom auch in den Querhäusern voll besetzt. Von dort aus sieht man aber nur seinen Rücken, wenn er am Ambo predigt. Auf der Kanzel sehen ihn alle. Deshalb möchten wir gern, dass er sie nutzt.“

Kardinal Woelki möchte der Bitte gern nachkommen. „Ich will versuchen, mich mit der Kanzel vertraut zu machen – und üben, wenn der Dom geschlossen ist.“

Woelki ist beileibe nicht der einzige Mensch mit dem Problem – und es zeigt: Auch der Erzbischof von Köln ist nur ein Mensch….

 

10 Prozent leiden unter Akrophobie

 

Hitchcocks Filmklassiker „Vertigo“ beschreibt das Problem der Höhenangst – die Fachbegriffe lauten Akrophobie, Altophobie, Hypsophobie. Zehn Prozent der Menschen leiden darunter. Symptome sind etwa Atemnot, Herzrasen, Schwindel, Schwitzen.

Dabei trifft es nicht alle gleich. Für viele ist Fliegen in 10 000 Meter Höhe kein Problem, die Fahrt im Riesenrad aber schon. Viele Menschen haben ein ähnliches Problem wie Woelki: Sie können Höhen meistern, wenn eine Barriere da ist – eine ausreichend hohe Brüstung, Mauer oder Fenster.

Text zitiert nach der Internetseite (jetzt nicht mehr online):  

http://www.express.de/koeln/gestaendnis-rainer-maria-kardinal-woelki--keine-kanzel--predigt-wegen-hoehenangst,2856,29852000.html